Rohstoffe für Klebstoffe
Quelle: Industrieverband Klebstoffe e.V.
Anforderungen an Klebstoffe
Obwohl die Aufgabe eines Klebstoffs immer die gleiche ist – das Verbinden von Materialien –, so sind doch die Anforderungen an den Klebstoff recht verschieden. Diese Anforderungen waren es auch, die zur Entwicklung der großen Palette von Klebstoffarten geführt haben. Es galt, neue Werkstoffe, wie z. B. Kunststoffe, zu kleben. Im Zuge des industriellen Fortschritts wurden die Produktionskapazitäten erhöht und die Klebstoffe mussten den schneller laufenden Maschinen z. B. in der Buchbinderei, der Verpackungs-, Schuh- und Textilindustrie gerecht werden. Aufwändige Nietverbindungen und Schweißnähte wurden durch schnelle und sichere Klebeverbindungen ersetzt bzw. ergänzt, die sich in Bezug auf die Kraftverteilung in der Verbindungsfläche als günstiger erwiesen und dadurch u. a. im Automobil- und Flugzeugbau zur Anwendung kamen.
„Design“ von Klebstoffen
Nicht umsonst gibt es weltweit mehr als 250 000 unterschiedliche Klebstoffformulierungen, deren Leistungsprofile vom jeweiligen Anwendungszweck bestimmt werden. Durch Modifikation von Basisstoffen und Zugabe von Additiven werden Klebstoffe regelrecht designt, um damit ein Anwendungsspektrum abzudecken, das sprichwörtlich von A – Z, nämlich vom Auto bis zur Zigarette reicht. Dabei sind es die oft langjährige Erfahrung des Klebstoffherstellers und sein enger, praxisnaher Kontakt zu den Klebstoffanwendern, die das Design des jeweiligen Klebstoffs bestimmen.
Auswahl von Klebstoffen
Bei der Auswahl eines Klebstoffs sollte der Verbraucher – und das gilt nicht nur für den industriellen Bereich, sondern auch für Handwerk und Haushalt – einige Kriterien in seine Überlegungen einbeziehen wie z. B. die Frage nach dem zu klebenden Material, der Beschaffenheit der Klebflächen, den Festigkeitsanforderungen, den zu erwartenden äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen, Witterungseinwirkung, Anwesenheit von Chemikalien, der Art und Größe der Klebkonstruktion, also statische und dynamische Belastung, und ob erforderliche Einrichtungen zum Verarbeiten vorhanden sind. In das für den Laien auf den ersten Blick unübersichtliche Angebot an Klebstoffen kann schnell Ordnung gebracht werden.
Grundsätzlich werden Klebstoffe auf natürlicher und synthetischer Rohstoffbasis unterschieden, wobei auch Kombinationen dieser Grundstoffe möglich sind. Natürliche Rohstoffe können unter anderem sein:
1. Glutin
Glutin ist ein hochmolekulares Eiweißprodukt, das durch chemische und physikalische Behandlungsverfahren aus tierischen Bestandteilen gewonnen wird. Dementsprechend bezeichnet man die gewonnenen Leime als Haut-, Leder- und Knochenleime und davon abweichende Spezialsorten als Fisch- und Hausenblasenleim. In Statistiken werden diese Klebstoffe allgemein unter der Position „Tierische Leime“ zusammengefasst.
2. Kasein
Kasein ist eine Eiweiß-Phosphor-Verbindung, die aus Milch durch natürliche Milchsäurebildung entsteht, und im technischen Maßstab durch Zusatz von Säuren oder Lab, dem Magensekret der Rinder, beschleunigt wird.
3. Stärke
Stärke ist ein Polyglukosid, das als Energiedepot in Pflanzen angelegt ist.
4. Cellulose
Cellulose ist am Aufbau der pflanzlichen Struktur beteiligt.
Die folgenden Naturprodukte sind im nativen Zustand keine Klebstoffe, können aber durch physikalische oder chemische Einwirkungen entsprechende Eigenschaften erlangen:
1. Dextrine
Dextrine sind Stärkeabbauprodukte. Aufgrund einer Besonderheit im Aufbau dieser Stoffe kann man Klebstoffe mit einem höheren Festkörpergehalt als z. B. bei Stärkekleistern herstellen. Aufgrund zahlreicher Variationsmöglichkeiten beim Herstellungsprozess erhalten diese „Pflanzlichen Leime“ oft noch spezielle Namenszusätze.
2. Naturkautschuk
Naturkautschuk, wie z. B. Latex, muss durch eine entsprechende Vorbehandlung löslich gemacht werden. Anwendung findet diese „Gummimilch“ – oder Naturkautschuk-Latices – vor allem in der Herstellung druckempfindlicher Dispersionsklebstoffe.
3. Naturharze
Naturharze sind Kolophonium, Schellack oder Gummi arabicum. In der Kombination mit hochsynthetischen Hochpolymeren können sie u. a. die Klebrigkeit, die Haftung oder die Fließfähigkeit erhöhen.
4. Kohlenwasserstoffharze (KW-Harze)
Diese klebrig machenden Harze werden überwiegend mit Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren (EVA), thermoplastischen Kautschuken und Polyolefinen in sogenannten Schmelzklebern (Hotmelts) bzw. Schmelzhaftklebern (HMPSA = Hotmelt Pressure Sensitives Adhesives) eingesetzt.
Die dritte Gruppe der Klebstoffe auf Basis von natürlichen Rohstoffen bilden die mineralischen Klebstoffe wie Wasserglas-, Bitumen– und Teerpechklebstoffe.
Die Anzahl der synthetischen Grundstoffe ist fast unerschöpflich und lässt sich aufgrund der zusätzlichen Kombinationsmöglichkeiten schwer in ein abgegrenztes Schema einordnen. Der Name der Klebstoffe basiert meistens auf dem Grundstoff. Die bekanntesten sind:
Polyurethane
Durch Variationen in der Herstellung sind Anwendungen für Reaktions-, aber auch für Lösungsmittel- und Kontaktklebstoffe möglich.
Epoxidharze
Epoxidharze werden vorwiegend in Kombination mit entsprechenden Härtern als Reaktionsklebstoffe verwendet.
Harnstoffharze
Harnstoffharze finden vor allem im industriellen Bereich Anwendung als Reaktionsklebstoffe.
Polychloroprene
Diese Grundstoffe stellen die Basis der hochwertigen Kontaktklebstoffe dar.
Polyvinylacetat
Diese Homopolymere, auch in vernetzender Form, werden insbesondere für Holzklebstoffe oder äußerlich plastifiziert für Verpackungsklebstoffe verwendet: als PVAC-Copolymere mit z. B. Ethylen, Maleinaten, Acrylaten, Versaticester für Klebstoffe, von denen ein elastischer Film und Haftung auf (nicht starren) „schwierigen“ Untergründen ohne Weichmacherzugabe gefordert ist.
Polyacrylate
Polyacrylate sind hochwertige Klebrohstoffe besonders hoher Polarität mit über verschiedenen Monomerenbestandteilen designbarer Filmklebrigkeit.
Polymerdispersionsleime
Als Polymerdispersionsleime werden im Allgemeinen wässrige Dispersionen der zuletzt definierten zwei Polymergruppen genannt. Sie sind in den meisten Fällen praktisch frei von Lösemitteln und anderen flüchtigen organischen Bestandteilen.
Die Einteilung bzw. Benennung von Klebstoffen kann also nach dem verwendeten Grundstoff oder nach dem Klebverfahren, das bei der Verarbeitung angewendet wird, erfolgen (z. B. Kontakt- oder Schmelzklebstoff). Teilweise sind auch noch Bezeichnungen wie Kaltleim (bezieht sich auf die Verarbeitungstemperatur) oder Weißleim (bezogen auf das Aussehen) in Gebrauch. Andere Bezeichnungen können zurückgeführt werden auf die Lieferform (z. B. Leimpulver, Perlleim, Klebfolie, Klebstift) oder den Verwendungszweck (z. B. Papierklebstoffe, Holzleim, Fliesenklebstoff).